Metall-Implantate sind in der Medizin weit verbreitet. Allein in Deutschland werden pro Jahr etwa 900.000 Zahnimplantate eingesetzt, ca. 400.000 Hüft-/Knieendoprothesen und circa 300.000 Stents sowie etwa 75.000 Herzschrittmacher implantiert. Was passiert jedoch, wenn man allergisch auf Nickel oder andere Metalle reagiert?
„Nickelig“ gegen Nickel
Bei einer Nickelallergie reagiert das Immunsystem auf Nickel. Dabei geht eine Phase der Sensibilisierung voraus, in der die Abwehrzellen lernen, Nickel als schädlich zu erkennen und darauf zu reagieren. Bei erneutem Kontakt kommt es zur Abwehrreaktion mit einem örtlichen, in seltenen Fällen auch generalisierten Hautausschlag. Eine Nickelallergie kann nicht geheilt werden. Wer allergisch auf Nickel reagiert, sollte versuchen, die Haut so weit wie möglich vor Nickel zu schützen. Seit einer Verordnung zur Qualität von nickelhaltigen Materialien und Oberflächen in den 1990ern sind Nickelallergien seltener geworden. Das bedeutet, dass die Qualität einer Metalloberfläche entscheidenden Einfluss auf die Menge an freigesetzten Nickelionen hat. Und die Qualität der Oberfläche medizinischer Implantate ist sehr hoch!
Allergien bei Endoprothesen?
Die Implantate bestehen aus unterschiedlichen Materialkombinationen wie Stahl, Kobalt-NickelChrom-Molybdän-Legierungen oder Titan. Als Gleitpartner in Endoprothesen werden oft Polyethylen, Keramik oder sehr viel seltener eine Metalloberfläche verwendet. Aus Endoprothesen freigesetzte Metalle können jedoch Allergien auslösen. Zu den möglichen Auslösern zählen Nickel (Ni), Chrom (Cr) und Kobalt (Co). Eine Nickelallergie kommt bei ca. 15 Prozent der Bevölkerung vor, zwei Prozent reagieren auf Kobalt und ein Prozent auf Chrom allergisch. Durch Allergien auf Metalle hervorgerufene Implantat-Unverträglichkeiten sind sehr viel seltener. Eine Metallallergie sollte allerdings dann erwogen werden, wenn bereits Hinweise auf eine Kontaktallergie bekannt sind, z.B. eine Schmuckallergie.
Noch ist aber unbekannt, wie viele Menschen nicht nur an der Haut, sondern auch im tiefen Gewebe überreagieren. In seltenen Fällen kann es auch zu einer Lockerung der implantierten Prothese kommen. Nicht alle Patienten mit einer Hüft- oder Kniegelenkendoprothese „vertragen“ das Implantat; sie klagen z.B. über anhaltende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, haben unspezifische Symptome oder leiden an Allgemeinsymptomen (Müdigkeit, Konzentrationsverlust, depressive Verstimmungen). Auch „Haut-Symptome“ können auftreten.
Diagnostik bei Unverträglichkeit
In einem ärztlichen Vorbereitungsgespräch sollten alle bekannten Allergien aufgezählt werden. Die Diagnose einer seltenen Implantat-Unverträglichkeit wird durch Ausschlussdiagnostik gestellt. Erst wenn ein mechanisches Problem, eine Fehlpositionierung, eine Lockerung, ein schleichender Infekt oder andere Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen werden können, sollte man an eine allergische Reaktion denken. Besteht der begründete Verdacht auf eine Metallallergie, wird stufenweise untersucht. Zunächst sollte aber die standardisierte Hauttestung (Epikutantestung) vorgenommen werden.
Wichtig zu wissen ist, dass die Ergebnisse dieses Tests nur teilweise auf die periimplantäre Situation übertragbar sind, da tiefe Gewebe in der Umgebung der Endoprothese nicht unbedingt gleichförmig zur Haut reagieren. Im nächsten Schritt kann ein sogenannter Lymphozytentransformationstest helfen. Die Ergebnisse dieser Tests müssen aber immer in Zusammenschau mit der Klinik und weiteren Befunden interpretiert werden. Eine Gelenkspiegelung mit der Entnahme von Gewebeproben kann wichtige Informationen liefern. Ein Teil der Gewebeproben wird für die mikrobiologische Diagnostik verwendet. Der andere Teil der Gewebeproben wird histopathologisch analysiert: Durch die histologische Unterscheidung der Gewebsveränderungen in infektionsassoziierte, allergische, abriebinduzierte oder indifferente Veränderungen ergeben sich wertvolle Hinweise, wo die Ursache der Beschwerden zu finden ist. Als Konsequenz kann nach Ausschluss anderer Ursachen dann auch der Austausch oder Wechsel auf ein hypoallergenes Implantat eine Lösung sein.
Welches Implantat wählen?
Noch besser ist es, bei Verdacht auf Vorliegen einer erhöhten Implantatsensitivität oder Metallallergie bereits im Vorfeld vor einer OP ein geeignetes Implantat auszuwählen, damit gar nicht erst Probleme auftreten. Das bedeutet in der Konsequenz, dass bei bekannten Kontaktallergien gegen Nickel, Chrom oder Kobalt auf Implantate verzichtet wird, die diese Stoffe enthalten.
Die hypoallergene Oberflächenmodifikation ist heute eine sehr gute Lösung für Patienten mit Verdacht auf eine Metall-Hypersensibilität. Besonderer Bedeutung kommt hier der Oxinium-Technologie zu. Es handelt sich dabei um eine metallische Zirkonium-NiobLegierung, bei der die Implantatoberfläche in einem Wärmebehandlungsprozess eine Umwandlung in eine Zirkoniumoxidkeramik erfährt. Der Nickelanteil des Materials liegt bei nahezu 0 Prozent und bietet sich damit für den metallsensitiven Patienten an.
Generelles Allergiescreening vor OP?
Sinnvoll sind präoperative Tests nur bei Patienten, die z.B. Probleme mit Modeschmuck oder dem Uhrenarmband haben. Ein „prophetischer“ Test auf Metallallergie vor einer Operation bringt nichts. Er kann vielmehr erst zu einer Sensibilisierung führen. Dies wäre dann kontraproduktiv.